Violinduo The Twiolins imponiert im Forster Jägerhaus mit „Secret Places“

Welch eine Klangfülle mit zwei Violinen möglich ist, wurde im Forster Jägerhaus verdeutlicht. Wer sich nicht vorstellen konnte, dass zwei Geigen ausreichen, ein prächtiges Kaleidoskop an Farben und Atmosphären auf die Bühne zu zaubern, der wurde von den Twiolins eines Besseren belehrt. Die Geschwister Marie-Luise und Christoph Dingler gastierten mit ihrem aktuellen Programm „Secret Places“ im voll besetzten Jägerhaus. Der Programmtitel setzt auf einer emotionalen Ebene an; die beiden Mannheimer möchten die Zuhörer auf eine Reise in ihr Innerstes einladen und das Kopfkino der Zuhörer in Gang setzen. Die Rechnung geht gleich beim ersten Stück, „Metamorphosis“ aus der Feder des Ukrainers Alexander Gonobolin, auf. Eine sehnsuchtsvolle Kantilene schwebt über einem tremolierenden Untergrund, bevor peitschende, in Doppelgriffen geführte Achtelketten hervorbrechen und die anfängliche Melancholie in eine Stimmung innerer Unruhe und Getriebenheit überführen. Dann herrscht für einen kurzen Moment Walzerseligkeit, jedoch nur um in einer virtuosen Stretta nochmals eins draufzusetzen.

Die Reise führt weiter in die Karpaten, den Balkan, nach Indien, Irland und Norwegen, durch belaubte Wälder bis unter die nachtverhangene Wolkendecke und wieder zurück. Erstaunlich ist dabei die Stilsicherheit der beiden Geiger in den unterschiedlichsten Musiktraditionen. Ob indischer Raga, polnische Folklore, ungarische Rhythmen oder irische Fiddletechnik: Stets wissen die beiden, sich die spezifischen Techniken einzuverleiben und authentisch wiederzugeben. Besonders begeistert zeigen sich die Zuhörer von dem indisch angehauchten Werk „Maha Nada“ von Sebastian Sylla, in dem die Musiker mit einer Intonation in den auf- und abwärtsschwirrenden Kaskaden zu glänzen verstehen. Noch mitreißender sind die Leidenschaft und die überbordende Spielfreude. Zwischen den Werken erzählen die Geiger etwas zu ihrer Musik. Marie-Luise Dingler gleich zu Beginn auf, dass ihr Bruder und sie entgegen häufiger Annahmen keine Zwillinge seien. Dennoch atmen sie im Gleichklang und übergeben sich nahtlos die Melodien. Bei dem Stück „Trance“ des amerikanischen Komponisten Benjamin Heim wird man von den Musikern gebeten, die Augen zu schließen und sich voll und ganz auf die Musik einzulassen. Und so erlebt man eine langsam permutierende Klangfläche, bei der man bisweilen den Eindruck hat, dass nicht zwei, sondern vier bis fünf Streicher gleichzeitig agieren.Das Konzert schließt mit einem romantisch getönten Stück des Amerikaners Benedikt Brydern, „Schillers Nachtflug“. Die mediantischen Rückungen und das beständig minimalistische Pulsieren erinnern an Philip Glass, wobei Brydern zu deutlich schnelleren Schnitten tendiert. Betörend schöne Melodien erklingen im Wechsel mit akkordisch gesprungenen Passagen – das Ganze im Spannungsfeld zwischen Romantik und Rock. Es ist ein atemberaubend virtuoser Klangrausch. Völlig überwältigt von der Meisterschaft der beiden Geiger erklatscht sich das Publikum drei Zugaben, darunter ein furioser Finalsatz aus dem Sommer von Vivaldis „Vier Jahreszeiten“.

DK (mit freundlicher Genehmigung der „Badischen Neuesten Nachrichten“)

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